O-Ringen 2023

Geschrieben von Bernd Wollenberg am 07.08.2023
VorschaubildAls die „Die Wasserschlacht von Are“ oder so ähnlich wird dieses O-Ringen 2023, Nr.2 nach der aufgezwungenen „Coronapause“ in die Annalen der ansonsten seit 1965 durchgehend jährlich weltweit größten Mehrtageserie wohl eingehen.Vorschaubild

VorschaubildEs gab immer schon mal recht nasse O-Ringen, jedoch dermaßen heftig wie in diesem Juli noch nie – das formulierte in gutem Deutsch derVorschaubild Mitbegründer dieser inzwischen Vorschaubilddurchaus legendär zu bezeichnenden OL-Veranstaltung, der am 18.August 90 Jahre alt werdende Per Olof Bengtsson ausVorschaubild Kristianstad.

Vorschaubild„Peo“, wie er real überall nurVorschaubild genannt wird, war in Vorschaubildden frühen Jahren ab 1960Vorschaubild einer der schwedischen Spitzen-Orientierer und gewann seine erste OL –Elitemedaille bei schwedischen VorschaubildMeisterschaften 1961.Vorschaubild Konkret bei den schwedischen VorschaubildMeisterschaften im Nacht-OLVorschaubild erreichte Peo den Bronzeplatz und wiederholte das noch einmal 1964.

VorschaubildZurück zur Gegenwart: 2023Vorschaubild stellten sich 14 000 VorschaubildOrientierer aus 56Vorschaubild Ländern den Startern an wieder traditionell täglich acht verschiedenen Startplätzen.

14 000 Teilnehmer - das klingt in den Ohren eigentlich aller anderen OL-Nationen, speziell natürlich unseren hierzulande, beinahe unglaublich, ist jedoch im inoffiziellen“ Ranking dieser nun tatsächlich seit 58 Jahren funktionierenden Serie von fünf Orientierungsläufen in einer Region nicht einmal auf Platz Eins!

OK – es gab die beiden Ausfalljahre wegen dieses verdammten Coronavirus… - sagen wir also real und objektiv: 56 Jahre „O-Ringen“!

Das startete 1965 als Gemeinschaftsveranstaltung der dänischen Provinz Blekinge (1 Lauf) und der südschwedischen Provinz Skane (4 Läufe) mit 165 Teilnehmern - die ersten Elitesieger hießen Inga-Britt Bengtsson vom OK Pan Kristianstad und damalige Frau von Peo, und Nils Bohman vom OK Skärmfinnarna.

Ein kleines „Ranking“ der Teilnehmerzahlen sähe so aus:
1. Falun (1985) – 24 995
2. Andernstorp (1983) – 24 603
3. Sälen (2008) – 24 375
4. Sälen (2016) – 24 313
5. Kristianstad (2014) – 22 571
6. Norrköping (2019) – 21 221

Erwähnen möchte ich hier, dass ich selbst seit 1995 (Hässleholm) dabei war und nur 2005, 2011, 2012 durch andere Sportreisen O-Ringen weglassen musste, leider!

Auch quasi „traditionell“: Die mitunter doch recht weiten Fußwege! In der aktuellen Ausführung des auch „Zentrum der skandinavischen Alpen“ genannten Are die teilweise bis zu 3,5 km entfernt Startplätze vom jeweiligen Zielort.

Ansonsten „mutierte“ die diesjährige Veranstaltung für alle zur „Massenwanderung“, denn entgegen den bislang doch zum Teil recht nah am sog. „Tävlingsplats“ liegenden zentralen Parkplätzen mussten diesmal alle mit Pendelbussen nach Trillevallen und Järpen bzw. an den beiden letzten Tagen sogar einmal wieder mit der Bahn vom „Centralort“ Are nach Ann fahren.

Noch etwas „ärger“ traf es die weiter weg „wohnenden“ Teilnehmer! Sie mussten zu zwei weiter abgelegenen Sammelpunkten von ihren Campingplätzen oder Privatunterkünften erst einmal zu den in der Nähe gelegenen Parkplätzen fahren und von dort teilweise bis zu 3 km „heran wandern“.

Alle an den „Aussteigepunkten“ dann „endlich gelandeten“ mussten dann noch per Fußmarsch zwischen 2 bis 3,5 km hinauf auf die wesentlich höher gelegenen Wettkampfzentren wandern. Bei Etappe eins und zwei waren das stolze 95 m Anstieg und die Wege zum Start „stiegen“ dann bei einigen Startplätzen noch einmal bis 150 m an.

Kondition und Ausdauer waren also schon gefragt, bevor der erste Start erfolgte.
Die Startzeiten zogen sich wieder, wie inzwischen gewohnt, so ab 08.30 Uhr bis weit nach 13.00 Uhr hin.

Jeder Teilnehmer hatte mindestens einmal die Gelegenheit, ganz von vorn und ganz von hinter seinen Start zu absolvieren – ich war tatsächlich in meiner H 75 am Tag 2 der wirklich letzte Starter und vor mir dann auch noch gleich zwei der „Großfamilie „Vakant", auf deutsch: Ich startete völlig allein!

Da dann vielleicht noch darauf bauen, dass im Falle des „Verlustes der Übersicht" ein freundlicher Retter von hinten kommend erscheint, ist logischerweise dann im Falle des Falles nur noch ein schöner Traum!

Dank doch „etwas vorhandener OL-Erfahrung“ (mein erster Start war am 8.April 1962) war das für mich nicht erforderlich – etliche andere „wirkten“ vielfach recht verzweifelt und so wurde auch ich täglich mehrfach gefragt, ob ich denn zeigen könnte, wo wir gerade seien – und das von schwedisch bis „chinesisch geprägten English“.

Nun könnte ich hier von jeder Etappe ellenlange Details darlegen – diese findet Ihr bei Interesse gern u.a. in facebook unter der Seite „Orientierungslauf in Nordost“. Es gab jedoch einiges, was ich hier unbedingt schreiben muß!

Am beeindruckendsten für mich und garantiert für alle, die das mitgekommen hatten, war der Läufer namens Jan Thorin vom Karlstäder OK Tyr. Denn Jan erwanderte sich die drei letzten Etappen mit nur 2% Sehvermögen!

Ein Betreuer, Thomas Yngström, lief mit ihm mit, nahm keinen Einfluss auf das Orientieren, sondern warnte ihn nur, wenn auf dem Weg Steine, Baumstämme usw. eine Sturzgefahr darstellten. Die Orientierung musste Jan mit Hilfe seiner Extrakarte im Maßstab 1:800, aufgeteilt in mehrere einzelne A 3 – Karten, selbst erledigen!

Wie das funktioniert, könnt Ihr bei Interesse auf diesem Link finden: www.svt.de/nyheter/lokalt/varmland/kraftigt-synnedsatta-jan-fran-karlstad-satsar-mot-o-ringen-i-are
Ihr werdet begeistert sein!

Natürlich – und wir vom „ Deutschen Verband für Biathlon-OL“ nutzten das auch ausgiebig – wurde als „Rahmenveranstaltung“ zum Kennenlernen täglich ein kleiner Biathlon-OL per Lasergewehr mit kurzem „Irrgarten-OL“ angeboten. Sehr zur Freude des schwedischen Biathlon-OL-Verbandes bildeten sich teilweise regelrechte Warteschlangen vor den vier mit Lasergewehren bestückten Startplätzen – und klar: Alles war natürlich umsonst zu haben.

Auch der wieder traditionelle „Kindergarten“ wurde wieder ausgiebig von vielen Eltern aus 17 Nationen, wie mir eine der dortigen Erzieherinnen erzählte, genutzt. Alle Kinder haben eine kleine Startnummer im Brustbereich befestigt bekommen und mehrsprachige Erzieherinnen beschäftigen sich regelrecht rührend um die Kleinen.

Vor etlichen Jahren berichtete mir mit leuchtenden Augen von seinen eigenen Erinnerungen an diese „Kindergartenzeit“ bei O-Ringen Volker Walter vom IHW Alex 78 – die Kinder sprechend untereinander schon nach kurzer Zeit eine vielfach nur für sie selbst verständliche Sprache – ist schon lustig, das zu beobachten.

Dass – inzwischen auch traditionell – am „freien Tag“ neben den vielen individuellen Ausflügen in die wirklich beeindruckende malerische Umgebung auch „organisiertes Sporttreiben “angeboten“ wird, gehört zu den schönen Seiten des O-Ringen!

Neben vielen anderen nutzten auch wir Vertreter der „OL-Region Nordost“ die Startmöglichkeit beim „Indoor-OL“ im Schulkomplex des westlich von Are gelegenen Örtchens Duved – eines der Zentren des alpinen Sports in Schweden.

Indoor ist inzwischen neben dem Ski-OL das herausragende Markenzeichen im schwedischen OL: So starten z.B. im jährlichen „Indoorcup von Stockholm“ weit mehr als 2000 Starter aus vielen Ländern mit zunehmender Begeisterung.

Diese Läufe eint, dass es mehr als „verzwickt“ ist, die einzelnen Postenverbindungen überhaupt beim Kartenlesen sofort zu erkennen – es gab durchaus auch „gestandene“ Orientierer, die bis zu 10 min z.B. allein an der Verbindung von P 14 zu P 15 oder P 15 zu P 16 „bastelten“… Außentreppe aus Etage 4 via Erdgeschoss und nächster Außentreppe zu Etage 3 usw. Eine wahre Wonne!

Ich kann den Unternehmungslustigen unter Euch das wirklich zum Ausprobioeren nur empfehlen. Der Bahnleger, der 21 jährige Alfred Liljeström, werkelte für diese Veranstaltung allein Wochen!

Garantiert ein Höhepunkt war der am Abend gestartete „Elitesprint“ - die Damen und Herren müssen sich für diesen Wettbewerb vorab bewerben – und nur einige wenige erhielten nach recht strengen Vorgaben dann eine Starterlaubnis.

Die als „Elite-Tour“ ausgeschriebenen 5 Tage inkl. des Elitesprints sind auch mit Preisgeldern für die besten dann dotiert: Die Sieger erliefen sich einen Scheck über 80 000 Kronen, also rund 8 000 Euro, der 6.Platz erhielt noch 5 000 Kronen, also etwa 500 Euro.

Beste Deutsche wurde mit Platz 18 einmal mehr Susen Lösch vom USV Jena. Leonore Winkler (USV Jena) und Bojan Blumenstein (OSC Kassel) waren nur an den Etappen 1-4 am Start. In der H 20 Elite erlief sich Konstantin Kunkel (TU Dresden) Platz 81.

Die für Deutschland besten Resultate erzielten in den anderen Leistungskategorien bzw. den schwersten Bahnen auf den Langwettbewerben der jeweiligen Alterskategorien:

D21-L: 8. Anna Reinhard (TU Dresden), 11. Sabine Rothaug (OSC Kassel), H 18: 13.Jacob Oechler (OLV Landshut), H 35: 27.Peter Struko (OSC Kassel), H 55: 29. Nils Schmiedeberg (Turbine Neubrandenburg), H 60: 29. Jens Leibiger (Post SV Dresden), D 18: 31.Anne Kästner (TV Oberbaxbach), H 20: 33. Kristaps Grahl (Preetzer TSV), H 55. 33. Horst Gehrmann (ASG Teutoburger Wald), H 75: 33. Bernd Wollenberg (SV Schorfheide), D 40: 36. Ieva Grahl (Preetzer TSV), D 65: 39. Marita Bahr (OH-OL), H65: 49. Norbert Zenker (TU Dresden).

Die weiteren Starter unserer Nord-Ostdeutschen Region erreichten diese Platzierungen:

Marvin Goericke(IHW Alex 78) Platz 116 in der H 21L, hier wurde Karsten Blume (Berliner TSC) auf Platz 130 nach fünf Tagen gelistet. H 21-2 : 86. Sebastian Fleiß (Berliner TS), H 45: 149. Dariusz Iwanowski (SV Schorfheide), H17-20: 44.Artur Templiner (Berliner TSC), D 14: 90. Michalina Iwanowska (SV Schorfheide).

Katja Blume (Berliner TSC) wählte sich den täglichen Etappenstart, bei dem nach eigenem Ermessen verschiedene Routen mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden vorab zur Auswahl stehen!

Das ist eine durchaus zu empfehlende Variante, wenn man sich selbst noch nicht sicher ist, was dort im skandinavischen Geläuf so auf einen zukommt. Aus den vielen Jahren OL in Skandinavien kann ich das durchaus allen nur empfehlen, die sich das erste mal nach Norden zum OL trauen.

Und wieviele Posten und sich daraus resultierende Bahnmöglichkeiten sich ergeben, kann man ja mal an der beigefügten Postennetzkarte ersehen.

Einziger Wehrmutstropfen war die doch stark belastende An- und Abfahrt, die allein auf der schwedischen Seite von Trelleborg nach Are real 13 Stunden reine Fahrzeit umfasste. Natürlich dauerte die Rückfahrt genau so lange.

Aber: Ein richtiger Orientierungsläufer kennt eben keinen Schmerz!

Und so werden viele der dort gestarteten mit Garantie auch wieder nach O-Ringen reisen - und sei es noch so weit entfernt!

Wir haben bereits 2024 geplant - logisch!

Uns erwartet dann vom 21. - 27. Juli die Region Smalandskusten vom 21.-27.Juli rund um Oskarshamn.
Natürlich hoffen wir dann auf besseres Wetter als 2023!







Text: Bernd Wollenberg

Fotos: Jenny Nilsson, Tetiana Priadkina, Sebastian Fleiß, Bernd Wollenberg

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